Dr. Christof Krieger:
Wein ist Volksgetränk. Weinpropaganda im Dritten Reich.
Rhein-Mosel-Verlag, Zell (Mosel) 2018. 512 Seiten.
ISBN 978-3-89801-335-0. EUR 32,90
Der Historiker aus Traben-Trarbach und Leiter des dortigen Mittelmosel- Museums Dr. Christof Krieger hat sich im Rahmen seiner Magister- und anschließenden Doktorarbeit mehr als zehn Jahre mit dem Thema „Wein-Propaganda im Dritten Reich am Beispiel des Anbaugebietes Mosel-Saar-Ruwer“ befasst.
Der Verfasser hat die Weinpropaganda der Nationalsozialisten im Dritten Reich am Beispiel des Anbaugebietes Mosel, Saar und Ruwer aufgearbeitet und dabei viele Wissenslücken geschlossen. Es beginnt mit den krisengeschüttelten Jahren des Weinbaus an der Mosel – mit dem Sturm des Finanzamtes Bernkastel durch die Winzer 1926 – und der staatlichen Weinbaupolitik, Weinpropaganda, Weinwerbung in der Weimarer Republik in den 1920er-Jahren und ihrem jähen Ende. Das nutzten die Nationalsozialisten nach 1933 und versuchten mit ihrer „Blut und Boden“-Ideologie und Parolen wie „Wein ist Volksgetränk“, „Trinkt deutschen Wein“ oder „Deutscher Wein aus deutschen Gauen“ dem einheimischen Wein neue Abnehmerkreise zu erschließen. Durch die Rekordweinernte 1934 wurde es notwendig, weitere Schritte zu unternehmen und nicht nur die kurz vorher erst festgesetzten Herbstmindestpreise auch durchzusetzen. Zu einer guten und erfolgreichen Aktion entwickelte sich dabei laut Christof Krieger die „Weinpatenschaft“, die beim ersten „Deutschen Wein-Tag“ 1934 in Düsseldorf mit dem Saar-Winzerdorf Wiltingen initiiert und zur reichsweiten Propaganda-Veranstaltung ausgeweitet wurde. In den Jahren 1935 bis 1937 übernahmen so mehr als 1000 Städte vom Ruhrgebiet bis nach Ostpreußen „Weinpatenschaften“ für einzelne Winzerorte vornehmlich von der Mosel. Sie wurden im Rahmen des „Festes der deutschen Traube und des Weines“ als volkstümliches Weinfest mit Umzügen usw. vom Parteiapparat der NSDAP (und nicht von den Winzern oder ihren Organisationen) vorbereitet und durchgeführt und galten schnell allgemein als „Saufen für den Führer“! Zusammen mit den umfassenden Propagandamaßnahmen des Reichsnährstandes und der Deutschen Arbeitsfront mit ihrem Feierabendwerk „Kraft durch Freude“ (das z. B. auch Reisen in die Weinorte durchführte) erwies sich dies laut Krieger als die umfassendste Weinabsatzaktion, die es jemals in Deutschland gegeben hat und er erklärt, warum die NS-Propaganda auf nichts anderem als der Verkettung ungewöhnlicher Zufälle beruhte, an deren Anfang schlichtweg die Notwendigkeit der Unterbringung zweier Rekordweinernten 1934 und 1935 stand.
Das Buch ist nicht einfach zu lesen, aber es enthält so viele bislang nicht oder kaum bekannte Einblicke in die NS-Diktatur und ihre Weinpropaganda, die nicht nur ihre Spuren an der Mosel hinterlassen haben, denn nach Krieger stammt auch der Begriff „Deutsche Weinstraße“ in der Pfalz oder der Titel „Deutsche Weinkönigin“ aus dieser Zeit. Die 512 Seiten sind eingeteilt in 8 Kapitel:
1 Einleitung,
2 Vorgeschichte: Die staatliche Weinwerbung in der Weimarer Republik,
3 Die Anfänge der NS-Weinpropaganda (1933–1934),
4 „Deutscher Wein auf jedem Tisch“ (1935–1936),
5 Von der Absatzkrise zur Weinknappheit (1937–1939),
6 Ergebnisse und Zusammenfassung: Intentionen, Implikationen und Dimensionen der nationalsozialistischen Weinpropaganda,
7 Epilog und Forschungsausblick,
8 Anhang – sowie verschiedene Bilder und Plakate.
Im Quellen- und Literaturverzeichnis sind auf 32 Seiten alle möglichen Hinweise und Namen zu finden, unter anderem auch die Zuteilung der Winzerorte und ihre Patenstädte 1935–1937. Noch besonders zu erwähnen sind die über 550 Literaturhinweise als Ergänzung des Textes in den Kapiteln 1 bis 5 auf den Seiten 10 bis 414, sowie 225 für die Kapitel 6 und 7 auf den Seiten 460 bis 465 dieses insgesamt sehr interessanten Buches.
Verfasser: Karl Kirch, Mertesdorf
Aus: Mitteilung der GGW 2/2018