Ralf Frenzel (Hrsg.):
Château Mouton-Rothschild – Wein und Kunst 1924 / 1945–2011.
Tre Torri Verlag, Wiesbaden 2014. 304 Seiten.
ISBN 978-3-944628-39-4. EUR 69,90
Weinbibliographie [Schoene3] Nr. 35582
Château Mouton-Rothschild verkörpert wie wenige andere Chateaux den absoluten Mythos der französischen Weinbranche, dem man besonders in Deutschland, dem Ursprungsland der Familie Rothschild, höchste Wertschätzung entgegenbringt. Einer der Söhne der seit dem 15. Jahrhundert in Frankfurt ansässigen jüdischen Bankiersfamilie, Baron Nathaniel de Rothschild, erwarb 1853 im Bordelais das Château Brane-Mouton, das er sofort in Château Mouton-Rothschild umbenannte. Hier begann die Erfolgsgeschichte, die aber erst mit der Übernahme des Weingutes durch den 20-jährigen Urenkel, Baron Philippe de Rothschild, im Jahre 1922 an Fahrt gewann. „Ohne sein Engagement, seinen Pioniergeist, sein Kunstverständnis und seine Weitsicht“ wäre der Aufstieg Moutons zu einem der weltbekannten und erfolgreichsten Châteaux nicht möglich gewesen. Innovation und konsequentes beharrliches Qualitätsstreben waren ihm eigen; sein Lebenswerk wurde 1973 mit der Erhebung Moutons in den höchsten Rang der Weinproduzenten der Region Bordeaux als Premiers Crus Château gekrönt, was ihn zu dem Ausspruch verleitete: „Erster bin ich, Zweiter war ich, Mouton ändert sich nicht“.
In einer sehr aufwändig gestalteten, opulenten und reich bebilderten Ausgabe, die dem Herausgeber eigen ist, wird das Werden des Château in kurzen Zügen dargestellt. Das Hauptaugenmerk dieses Buches ist aber auf die Verbindung von Kunst und Wein gelegt, die mit Einführung der Flaschenfüllung im Weingut ab dem Jahre 1924, drei Jahre vor allen anderen Châteaux begann. Damit konnte der junge Baron seinen Traum verwirklichen, indem er seine Flaschenweine mit Kunstetiketten zierte. Fast alle namhaften Künstler haben sich auf einem der Jahrgangsweine verewigt. Den Anfang hat der im Jahre 1900 geborene Künstler Jean Carlu für den 1924er-Jahrgang gemacht und damit die Pionierarbeit für die weitere Reihe herausragender Künstlerarbeiten geleistet. Das Etikett stellt die im Jahre 1924 begonnene Flaschenfüllung besonders heraus. Ab dem Jahrgang 1945 sind bis 2011 alle Etiketten abgebildet.
Nach einer kurzen Beschreibung von Witterungsverlauf und Weinjahrgang werden Anregungen zur Degustation vermittelt. Außerdem wird der jeweilige Wein von einem ausgesprochenen und in der Welt anerkannten und führenden Experten für feine und gereifte Weine, Pekka Nuikki, 1962 in Helsinki geboren, skizziert und bewertet. Weiter findet man wichtige Informationen zu den einzelnen Künstlern und zur künstlerischen Gestaltung des Bildes auf dem Etikett. Fast alle namhaften Künstler findet man unter den Kunstschaffenden wie Jean Hugo, Georges Braque, Salvador Dalí, Henry Moore, Joan Miró, Marc Chagall, Wassily Kandinsky, Pablo Picasso und viele andere mehr. Das Etikett des Millennium-Jahrgangs ziert ein Kunstobjekt und Sammlerstück aus dem hauseigenen Museum für Wein und Kunst auf Château Mouton-Rothschild: der kleine „Widder von Augsburg“, dargestellt auf einem Glasdeckelhumpen aus vergoldetem Silber aus dem 16. Jahrhundert.
Die zweisprachigen Texte – deutsch und englisch – sind geeignet, den Interessentenkreis zu steigern. Das Buch kann jeden Leser begeistern. Es ist nur schade, dass man zu wenig über die Geschicke des Château in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, insbesondere vor und während des Zweiten Weltkriegs erfährt. Etwas größere Schrifttypen würden das Lesen sicherlich erleichtern.
Verfasser: Dr. Gerhard Stumm, Bad Kreuznach
Aus: Mitteilung der GGW 1/2018