Christian Naser:
Das vergessene Schloß – Balthasar Neumanns Weinhändlerpalais in Zell.
Verlag Könighausen und Neumann, Würzburg 2013. 200 Seiten. ISBN 978-3-8260-5297-2. EUR 19,80
Die Gemeinde Zell am Main blickt auf eine beeindruckende Vergangenheit zurück. Bedeutende Marksteine in der Geschichte der Stadt waren 1128 Gründung und Bau des Zisterzienserklosters mit Kirche, aber auch Anfang des 17. Jahrhunderts die Barockisierung des Klosters Unterzell. Die größten baulichen Maßnahmen fanden jedoch im 18. Jahrhundert, einer Zeit großen Wohlstandes statt, wobei bei vielen Bauten unzweideutig die Handschrift Balthasar Neumanns zu erkennen ist. Diese Zeit ist von einer regen Bautätigkeit der dort ansässigen reichen Weinhändler geprägt.
Breiten Raum widmet der Autor der Weinhandelstätigkeit der Zeller Weinhändler, die den Handel mit deutschem Wein in Frankfurt und Würzburg fast in alleiniger Regie im 17. und 18. Jahrhundert bestritten. Zell war zu dieser Zeit zu einem wichtigen Handelsplatz für Wein geworden, wenn auch viele Händler ihren Firmensitz nach Frankfurt und Würzburg verlegten. Durch geschickte Heiratspolitik wussten die Zeller Weinhändler ihren Einflussbereich beständig auszuweiten und die Handelstätigkeit auf weitere Güter auszudehnen.
1741 wird mit dem Verkauf eines Grundstücks durch das Kloster Oberzell an den Weinhändler Andreas Wiesen der Grundstein für den Bau des Zeller Palais gelegt, das kein geringerer als Balthasar Neumann geplant und gebaut hat. Leider erinnert heute nur noch wenig an das herausragende Architekturbeispiel von damals.
Mit großer Präzision und in einer einmaligen Ausführlichkeit beschreibt Naser die einzelnen Bauteile der Gesamtanlage, wobei die Kelleranlagen, das „unterirdische Schloss“ einen besonderen Platz einnehmen.
Viele weitere Weinhändler-Prachtbauten, die ausführlich beschrieben werden, und bei denen ein Vergleich zum Zeller Palais hergestellt wird, runden die Darstellung der großartigen Schaffenszeit Balthasar Neumanns in Zell ab.
Verfasser: Dr. Gerhard Stumm, Bad Kreuznach
Aus: Mitteilung der GGW 2/2014