Helmut König, Heinz Decker:
Kulturgut Rebe und Wein.
Springer Spektrum Verlag, Berlin, Heidelberg 2013. 295 Seiten.
ISBN 978-3-8274-2886-8. EUR 24,99
Der an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz bestehende interdisziplinäre Arbeitskreis „Rebe und Wein“ bietet bereits mehrere Jahre im Sommersemester die Vorlesung „Weinwissenschaft an der Johannes Guten - berg-Universität“ an. Dabei werden Themen aus den an der Universität bearbeiteten Bereichen Mikrobiologie, Biophysik, Genetik, Chemie, Medizin, Literaturgeschichte, Religion, Pharmakologie, Psychologie, Sprachwissenschaften und Recht sowie Wirtschaft behandelt. Wenige Forscher und Referenten aus anderen Forschungseinrichtungen und Institutionen ergänzen den Themenbereich.
Erstmals ist es gelungen, diese vorgetragenen, umfangreichen Forschungsergebnisse und Erkenntnisse in einem Buch zusammenzufassen und so einem größeren Interessentenkreis zugänglich zu machen. Die 25 Kapitel dieses Buches stellen die Bausteine dar, die sich zu einem beachtenswerten Mosaik über Rebe und Wein zusammenfügen lassen. Die Zeiteinheit einer Vorlesung bestimmt auch vielfach den Umfang einer Abhandlung, was für manche Themen sehr begrenzend wirkt.
In sechs Kapiteln wird die Themenvielfalt abgebildet: Geschichte, Weinbau, Önologie, Weininhaltsstoffe und Sensorik, Gesundheit, Weinwirtschaft und Recht.
Die Themen der Geschichte der Traubenproduktion, der Weinbereitung sowie der Weinkulturen reichen zurück bis zu deren Ursprung ins 4. bis 6. Jahrtausend vor Christus, bis zur Wiege der Weinkultur im fruchtbaren Land zwischen dem Großen und Kleinen Kaukasus. Peter Kupfer berichtet von den archäologischen Funden in Georgien und den Weinkulturen an der zentralen Seidenstraße sowie der Fermentationskultur im alten China.
Michael Matheus umreißt die Zeugnisse der Weinkultur in Rom, angefangen von der frühen Siedlungsgeschichte (8. Jahrhundert v. Chr.) und der Antike bis zur Konstantinischen Wende.
Fritz Schumann spannt den Bogen von der Wildrebe, die sich nach der Eiszeit im Mittelmeerraum entwickeln konnte, bis hin zum Riesling. Er zeigt Meilensteine auf dem Weg zu unserem heutigen Wein auf.
Wolfgang Zwickel greift das Thema Wein und Bibel auf, schildert Geschichten um den Wein in der Bibel, die Darstellung der positiven und negativen Seiten des Weingenusses in der Bibel sowie die Entwicklung des Weinanbaus und die Herstellung des Weines in Palästina.
Im Kapitel „Weinbau“ werden aktuellere Themen aufgegriffen. Die verschiedenen Autoren widmen sich den Fragen der Rebe als Kulturpflanze, dem Genom der Rebe, den Auswirkungen der Klimaveränderung auf den Weinbau, der Bedeutung des Terroirs für den Wein, dem speziellen Weinbaugebiet Rheinhessen und dem Weinbau global.
Neben grundsätzlichen Themen wie „Umwandlung von Most in Wein durch Hefen“ und der Bedeutung von Milchsäurebakterien in der Weinbereitung, befasst sich eine Abhandlung im Kapitel „Önologie“ mit der Weinbereitung gestern und heute, wobei hier insbesondere die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in den Blick genommen wird.
Wenn auch das folgende Kapitel einen sehr theoretischen Titel „Wein - inhaltsstoffe und Sensorik“ trägt, so wird hier ganz besonders der Weinkonsument angesprochen. Ihm wird das Vokabular des Weingenusses vorgestellt, aber auch der Frage nachgegangen, wie Wein schmeckt, welche Sinne beim Weintrinken mobilisiert werden; es wird hier das Weinaroma multisensorisch betrachtet und durch Erkenntnisse der Wahrnehmungspsychologie abrundend erklärt. Eine Betrachtung des bedeutsamen Themas „Spurenelemente in Trauben und Wein“ rundet dieses Kapitel ab.
Ein immer aktuelles Thema „Wein und Gesundheit“ wird nachfolgend aufgegriffen. In drei Beiträgen werden durchaus kritische Fragen behandelt, wie „Proteine im Wein als potenzielle Allergene“, „Resveratrol und Gesundheit“ sowie „Biogene Amine und gesundheitliche Aspekte“. Für den Konsumenten und Weinliebhaber interessantere Themen wie „Weingenuss und Gesundheit“ sowie die Frage nach dem „Weinkonsum im Rentenalter“ durften nicht fehlen.
Im Kapitel „Weinwirtschaft“ werden von Otto Schätzel die nationalen und internationalen Märkte und Teilmärkte beleuchtet. Steffen Schindler beschreibt die Marketinginstrumente für deutsche Weine und Elke Höllein hat sich des Themas „Die Weinhauptstadt Deutschlands – Netzwerk Great Wine Capitals“ angenommen.
Eine detaillierte Darstellung des deutschen Weinrechts mit Exkurs zum europäischen von Hans H. Hieronimi rundet die Themenvielfalt des Buches ab.
Insgesamt ist das mit interessanten und erstmals dargestellten Abbildungen bestückte Buch sehr zu empfehlen, da es in relativ kurzen Beiträgen die einzelnen Themen in sehr verständlicher Form darstellt.
Verfasser: Dr. Gerhard Stumm
Aus: Mitteilung der GGW 2/2013