Peter Karfeld:
Der Wein-Staatsanwalt. Staatsanwaltliche Tätigkeit in Weinstrafsachen, dargestellt am Beispiel der Landeszentralstelle für Wein- und Lebensmittelstrafsachen in Rheinland-Pfalz.
Tectum-Verlag, Marburg 2006. 227 Seiten;
ISBN 3-8288-9152-7, ISBN 978-3-8288-9152-4; EUR 24,90
In seinem als Dissertation angelegten Buch stellt der Autor zunächst die wissenschaftliche Grundlage für das Bestehen einer zumindest in Deutschland einmaligen Institution dar, der (staatsanwaltschaftlichen) Landeszentralstelle für Wein- und Lebensmittelstrafsachen als Sonderfall der ansonsten mehrfach bestehenden Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Wirtschaftsstraftaten. Zugleich weist er die Notwendigkeit dieser Institution für eine wirksame Bekämpfung der Weinkriminalität nach und zeigt auf, dass der Weinrechtsverletzer nicht nur den Konsumenten schädigt, ohne dass dieser es in den meisten Fällen bemerkt, sondern in weit größerem Maße die redlichen Branchenmitglieder, die unter dem angerichteten Rufschaden zu leiden haben.
Als weitere Verdienste der Arbeit sind zu nennen das Aufzeigen der rechtlichen Grundlagen für die Weinermittlungen und deren Grenzen sowie der Aufbau des materiellen Weinstrafrechts mit seiner Schichtenstruktur aus Europa-, Bundes- und Landesrecht einschließlich der sich aus dieser Schichtung ergebenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Dass der Verfasser als Vertreter der seltenen Spezies Weinstaatsanwalt sich letztlich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung befindet und von der Verfassungsmäßigkeit ausgeht, überrascht nicht. Es wäre wünschenswert, dass das Bundesverfassungsgericht bei einer erneuten Prüfung dieser Frage näher darauf einginge, ob es unter dem Gesichtspunkt der Verständlichkeit der Strafnormen wirklich ausreicht, den gesamten vom Strafrecht betroffenen Berufsstand auf Auskunftseinholung bei wenigen Fachjuristen (Rechtsanwälten und Verbandsvertreter) zu verweisen statt der eigenen Erkenntnismöglichkeit durch Selbststudium der Gesetze den Vorzug zu geben.
Bei der Darstellung des Ermittlungsverfahrens wird deutlich, dass dieser Teil des Wirtschaftsstrafrechts nicht ohne die Hilfestellung anderer Wissenschaften in Form von Sachverständigen auskommen kann. Folgerichtig geht der Autor dabei der Frage nach, ob die in § 31 WeinG als Weinsachverständige bezeichneten Weinkontrolleure ihren Aufgaben nicht besser nachgehen könnten, wenn sie als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft installiert wären. Entgegen der Auffassung des Autors erscheint mir dies eher eine Behinderung der Weinkontrolle, da diese Stellung zu Unzuträglichkeiten mit ihrer Beratungsfunktion führt. Ob bei einer Gutachtenerstattung, die nicht auf Verkostungen beschränkt sein muss, der Ermittler-Status noch mit dem Bild des neutralen Sachverständigen übereinstimmt, erscheint mir zweifelhaft.
Beizutreten vermag ich dem Wunsch des Verfassers nach Wiedereinführung von Strafandrohungen für Verhaltensweisen, die früher strafbewehrt waren, inzwischen aber völlig sanktionslos gestellt oder zu Verwaltungsunrecht, also Ordnungswidrigkeiten, abgestuft wurden. Dass dies ein frommer Wunsch ist, weiß er offenbar selbst, wenn er andererseits – zu Recht – beklagen muss, dass das frühere Verbraucherschutzrecht wohl auf Betreiben der Weinlobby immer mehr zu einem Erzeugerschutzrecht verwandelt wird.
Dem Verfasser ist es gelungen, ein Werk vorzustellen, das jeder Weinrechtsbeflissene, insbesondere natürlich die gelernten Juristen, mit Gewinn lesen kann. Ob es ihm auch gelungen ist, den Weinliebhabern, wie im Vorwort als Anspruch angemeldet, das Weinstrafrecht näher zu bringen, muss jeder für sich selbst entscheiden, da eine Dissertation als streng wissenschaftliches Werk nicht immer leicht zu lesen ist. Geringe Abstriche wie in seltenen Fällen ungenaue Zitate oder sog. Freud’sche Fehlleistungen (positive Schlussfolgerung aus negativer Darstellung oder umgekehrt) tun dem positiven Gesamteindruck keinen Abbruch.
Verfasser: H. E. Dahlem
Aus: Mitteilung der GGW 1/2008