Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie.
Jahrgang 56 (2008), Heft 1. DLG-Verlags-GmbH, Frankfurt/Main 2008. 116 Seiten. ISSN 0044-2194.
Themenschwerpunkt: Geschlechterperspektiven. Frauen in ländlichen Gesellschaften.
Mit den „Frauen in ländlichen Gesellschaften“ greift das vorliegende Heft ein Thema auf, das in der Agrargeschichte nach wie vor nicht zu den bevorzugten Forschungsfeldern zählt.
So gehört zwar der tief greifende Wandel, den die ländliche Gesellschaft vom Mittelalter bis zur Gegenwart im Zuge vielschichtiger Modernisierungs- und Technisierungsprozesse durchlaufen hat, bis heute zu den wichtigen agrarhistorischen Fragestellungen. Welchen Anteil allerdings Frauen an diesem Prozess hatten und wie sich der landwirtschaftliche Strukturwandel auf das Alltagsleben beispielsweise von Bäuerinnen auswirkte – darüber wissen wir noch immer relativ wenig.
In den drei Beiträgen dieses Heftes geht es um Beziehungen zwischen Mann und Frau, um Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit sowie die daraus resultierenden Geschlechterhierarchien. Dabei schlägt der Beitrag von Dorothee Rippmann zum Thema „Liebe, Geschlechterverhältnis und komplementäre Welten: Überlegungen zum Spätmittelalter“ nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich den weitesten Bogen. Die Autorin analysiert die Motive eines spätmittelalterlichen Bildteppichs aus dem oberrheinischen Raum, der die Arbeiten der Feldbestellung aus einer stadtbürgerlichen Perspektive darstellt.
Fürstin Ursula Schulde diskutiert am Beispiel der Kurfürstin Anna von Sachsen (1532 – 1585) den Beitrag von Frauen als Expertinnen vormodernen Agrarwissens.
Der Beitrag von Mathilde Schmitt zu den „Pionierinnen in Agrarstudium und Agrarforschung“ bietet einen inhaltlichen Anschluss an den Beitrag von Frau Schulde, als hier das agrarhistorische Expertenwissen an den Universitäten des frühen 20. Jahrhunderts thematisiert wird. Im Unterschied zu Anna von Sachsen, die aufgrund ihrer herausgehobenen ständischen Stellung schon Jahrhunderte früher Einfluss auf einen agrarhistorischen Expertendiskurs nehmen konnte, hatten es die ersten weiblichen Agrarexpertinnen an den männlich strukturierten Universitäten des frühen 20. Jahrhunderts schwer.
Verfasser: Gerhard Stumm
Aus: Mitteilung 2/2008