2022: Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer: Mosel-Anruf – Schriften der Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer e. V.
Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer: Mosel-Anruf – Schriften der Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer e. V. Nr. 50–51. Verlag + Druck Linus Wittich KG, Forchheim, 2022. 246 Seiten; ISSN 18689647. 8,00 Euro*
[*zu beziehen über Sekretariat der Weinbruderschaft MoselSaarRuwer, Tel: 0171 8178394]
Der Mosel-Anruf, eigentlich gedacht als Tätigkeitsbericht der Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer, wurde 2022 aufgrund der Corona Einschränkungen als Doppelnummer 50 und 51 für die Jahre 2020 und 2021 herausgegeben. Da er neben den Aktivitäten der Weinbruderschaft einige interessante Beiträge weinfachlicher und weinkultureller Art enthält, soll hier darauf hingewiesen werden.
Die weinfachlichen Beiträge werden mit der Jahrgangsbeschreibung 2020 einschließlich Klimadaten eingeleitet. Daran schließt sich ein umfangreicher Beitrag zur Bedeutung von Standort und Unterlagsreben für RieslingKlone an der Mittelmosel an. In einer weiteren Abhandlung werden die „Anfänge der Züchtung pilzwiderstandsfähiger Rebsorten (PIWIS) in Deutschland" und Nachbarländern dargestellt. Dabei wird auch die Vermarktung solcher Weine kritisch hinter fragt.
Drei bemerkenswerte historische und weinkulturelle Beiträge wurden abgedruckt.
Karl Adams hat „Blüte und Niedergang des Weinbaus in Stadt und Amt Linz am Rhein“, seiner Geburtsstadt, erforscht und nachgezeichnet. Der historischen Betrachtung folgt die Darstellung der Weingüter in Linz und Umgebung bis zum 19. Jahrhundert sowie die Blütezeit des Weinbaus in der Zeit von 1815 bis 1870. Als Ursachen für den Rückgang des Weinbaus nennt er die eingeschleppten Rebkrankheiten und für den Niedergang im 20. Jahrhundert die industrielle Entwicklung mit ihren bevorzugten außerlandwirtschaftlichen Alternativen für Arbeitskräfte.
Der Historiker und Geschichtsforscher Franz Irsigler geht der Frage nach, „Wie alt ist der bekannte Weinlagenname „Goldgrube“ in Wolf (Ortsteil von TrabenTrarbach) und wie könnte er entstanden sein“.
Die Forschungen und Aufzeichnungen des verstorbenen Historikers Karl-Josef Gilles nutzte sein Sohn Joachim, um den Artikel „Das „Saufbähnchen“ unterwegs zwischen Trier und Bullay" zu verfassen. Der Name „Saufbähnchen" kam im Volksmund deshalb auf, weil die Bahn ab 1907 in einigen Zügen einen Salonwagen einsetzte, in dem Wein der Region mit Bestellung beim Schaffner verkostet werden konnte. Schon Kurt Tucholsky hatte das Bähnchen während seiner Moselreise 1930 benutzt und ihm ein literarisches Denkmal gesetzt: „Wir soffen uns langsam den Fluß hinab, wir fuhren mit dem Saufbähnchen von Trier nach Bullay hinunter, und auf jeder dritten Station stiegen wir aus und sahen nach, wie es mit dem Weine wäre.“
Lesenswert sind auch drei weitere Aufsätze und zwar ein Beitrag von Ursula Schöffling über „Stein-Wein-Panorama-Erlebnisweg Fell – ein Ausflug in den Wein- und Schiefer-Ort", eine Darstellung von Claudia Müller „Ein neues Zuhause für Flora und Fauna", in der die Autorin den Bau eines Lebensturms für Insekten, Reptilien, Kleinsäuger und Vögel beschreibt und der Beitrag von Hans Adolf Polch „Skulpturenpfad im Erdener Treppchen – Art Brut, die Kunst von Laien und Menschen mit Beschränkungen".
Das breite Spektrum an interessanten Themen hält für jeden Leser sicherlich etwas bereit.
Gerhard Stumm