2023: Hamatschek, Jochen: Wenn wir von Weinen reden – Die Welt der Weinbruderschaft der Pfalz
Hamatschek, Jochen: Wenn wir von Weinen reden – Die Welt der Weinbruderschaft der Pfalz. Edition Palatina. ISBN 9783982447018. 234 Seiten. Ersterscheinung: 21.09.2022. 20,00 €.
Der erste Eindruck des Buches wird durch die Optik und Haptik des Bucheinbandes positiv geprägt. Er ist ansprechend, modern und kunstvoll gestaltet, dem Thema angemessen. Der Titel des Buches macht neugierig: „Wenn wir vom Weinen reden – die Welt der Weinbruderschaft der Pfalz.“ Der erste Wissensdurst wird im Grußwort des Ordensmeisters der Weinbruderschaft der Pfalz, Oliver Stiess gestillt. „Das vorliegende Buch ordnet die Weinbruderschaft in den Weinkosmos ein, die Welt zwischen Trauben- und Weinerzeuger, zwischen Vermarkter und Weinfreunden. Betrachtet werden die Geschichte und Kultur des Weines, um zu verstehen, vor welchem Hintergrund die Weinbruderschaften agieren. Der Autor zeigt dabei auf, dass Geschichte auch Anlass zur Diskussion bieten kann. Dies betrifft auch den Umgang mit dem Begriff „Alkohol“, auf den Wein häufig reduziert wird. So ordnet eine UN-Organisation Weinkultur als immaterielles Weinkulturerbe ein, eine andere sieht in ihm ein hohes Krebsrisiko, das eine Nulltoleranz verlangt. Die Weinbruderschaft sieht es als Aufgabe an, die Diskussionen zu versachlichen und für einen maßvollen Weinkonsum zu werben.“
Der Autor spannt den weinkulturgeschichtlichen Bogen weit, von den Anfängen des Weinbaus vor mehreren Tausend Jahren bis zur heutigen Weinbranche, von der Gründung der Weinbruderschaft vor fast 70 Jahren (1954) bis ins Hier und Heute mit Blick in die Zukunft. Die Darstellung der historischen Entwicklung der Weinbruderschaft ist auch eine gekonnte Darstellung der Weingeschichte der Pfalz und darüber hinaus. Er würdigt verdiente Männer, wie zum Beispiel Daniel Meininger, Leopold Reitz und Theo Becker, er verklärt nicht, findet auch kritische Worte, wo sie nach seiner Meinung angebracht sind. Es ist sehr verdienstvoll, dass sich der Autor ausführlich mit den verschiedenen Dimensionen des Begriffes Weinkultur auseinandersetzt. Er gibt Anstöße für einen notwendigen Diskurs, der leider in der deutschen Weinbranche vernachlässigt wird. Die Leser müssen dem Autor nicht in allen Punkten zustimmen, aber sie sollten über seine teils mutigen Verknüpfungen von Weinkultur, Lebenskultur und aktuellem politischen Geschehen nachdenken und zur Intensivierung des Diskurses beitragen. Ebenso wichtig und verdienstvoll ist es, dass der Autor der Thematik Alkoholpolitik und der Aufklärungskampagne WineInModeration in seinem Buch sehr viel Raum gibt. Wenn „die Welt der Weinbruderschaft“ sich verstärkt dieser Thematik annimmt, dann wird sie einen wesentlichen Beitrag für eine zeitgemäße Weinkultur leisten. Der Autor gibt jedenfalls mit seinem lesenswerten Buch einen bemerkenswerten Anstoß. Dem Leser bleibt nicht verborgen, dass der Autor sowohl ein kenntnisreicher Lebensmitteltechnologe, ein historisch versierter Weinliebhaber als auch ein begnadeter Erzähler (Krimiautor) ist. Kurzum: die Lektüre ist lehrreich und spannend zugleich. Wer nach 220 Seiten immer noch mehr wissen will, dem gibt der Autor ein umfangreiches Literaturverzeichnis und weitere zweckdienliche Informationen an die Hand.
Rudolf Nickenig, Remagen