2019: Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer: Mosel-Anruf – Schriften der Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer e. V.
Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer: Mosel-Anruf – Schriften der Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer e. V. Nr.: 49.
256 S, Verlag + Druck Linus Wittich KG, Forchheim, 2019. ISSN 1868-9647. 8 Euro
Der Mosel-Anruf, eigentlich gedacht als Tätigkeitsbericht der Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer, wurde 2019 als Nummer 49 wieder sehr viel aufwändiger gestaltet und enthält mehrere sehr interessante Beiträge weinfachlicher und weinkultureller Art. Einleitend wird über die vielfältigen und interessanten Aktivitäten, die meist unter einem weinfachlichen Thema stehen, berichtet.
Die weinfachlichen Beiträge werden mit der Jahrgangsbeschreibung 2019 einschließlich Klimadaten eingeleitet. Daran schließt sich ein sieben- bis elfjähriger Leistungsvergleich verschiedener Riesling- und Spätburgunderklone an. Es zeigte sich, dass die mittleren Merkmalsunterschiede (Mostgewicht, Gesamtsäure, Traubenertrag, Traubenfäule, Bodentrauben) zwischen den Klonen und Standorten relativ gering waren, jedoch eine stärkere Streuung der Parameter zwischen den Jahren auftrat. Das Autorenteam empfiehlt in Zeiten des Wärmeanstiegs das Augenmerk bei der Auswahl von Klonen zur Neu- oder Wiederanpflanzung vor allem auf eine geringe Jahrgangsschwankung zu legen.
Holger Bagola widmet sich danach der seit alters her angepflanzten und in früheren Jahrhunderten weit verbreiteten Rebsorte Elbling. Dabei behandelt er die Themen der genetischen Herkunft, der Bezeichnung und Verbreitung. Er gibt eine Zusammenstellung der verwendeten Synonyme einschließlich der Bezeichnungen in anderen Sprachen und geht abschließend auf den von einem beachtlichen Rückgang geprägten Anbau in Deutschland und der Mosel ein, wobei er auch Ursachenforschung betreibt.
Ein sehr bemerkenswerter Artikel von Celina Lehnertz behandelt die Historie des renommierten und weit über die Grenzen von Mosel bekannten Weingutes Reichsgraf von Kesselstatt im 19. Jahrhundert sowie dessen Auswirkung auf ihre Bedeutung nach Entmachtung des Adels durch Napoleon. In einer vom Angela-Merici-Gymnasium, Trier, angenommenen geschichtlichen Facharbeit beschreibt die Lokalhistorikerin die Anfänge von Familie und Unternehmen Kesselstatt, die in das Jahr 1297 zurückreichen. Der ständische Aufstieg der Familie von Kesselstatt erfolgte im Dunstkreis des Trierer Kurfürsten bis hin zum Amt des Domprobstes dreier Keselstätter Familienmitglieder im 16. und 17. Jahrhundert. Ausführlich werden die Ursprünge des kesselstattschen Weinbaus sowie die Folgen der französischen Herrschaft für die Familie beschrieben. Eigene Unterkapitel werden dem Weinbau in französischer Zeit, der preußischen Zeit bis 1826, der Moselweinkrise bis 1856, der Zeit bis zur Reichsgründung 1871 sowie der Zeit des Deutschen Kaiserreiches bis 1900 gewidmet. Dabei wird vor allem auch die Rolle des Weingutes als „Praktizierer und Förderer des Qualitätsweinbaus hervorgehoben“.
Hervorzuheben ist ebenfalls ein Beitrag von Ursula Schöffling über „Wildkräuterkunde damals und heute – Blickpunkt Weinlandschaft“. Der Darstellung der Wildkräuterkunde in der Renaissance folgen Beschreibungen von 12 Wildkräutern, die die Autorin in Weinlandschaften der mittleren Mosel selbst gefunden und fotografiert hat.
Erwähnenswert ist abschließend eine kurze Abhandlung von Johannes Friedrich Werling über „Rund um den Woog – Geologisches, Geschichtliches und Legendäres“. Woog, ein Begriff mit mittelhochdeutschen Wurzeln, bezeichnet an der Mosel eine tiefe Stelle in einem fließenden Gewässer, was auf die Mosel bei Traben-Trarbach mit einer Flußbetttiefe von 16,46 m vor dem Moselausbau zutrifft. Nach einem kurzen Abriss der Siedlungsgeschichte um den Woog beschreibt er einige Gegebenheiten, insbesondere die Hungersteine in der Mosel bei Litzig, die auch hervorragende Weinernten ankündigten.
Das breite Spektrum an interessanten Themen hält für jeden Leser etwas bereit.
Autor: Gerhard Stumm