Gall, Heinrich Ludwig Lambert (1791-1863)
GALL, Heinrich Ludwig Lambert, Dr. h. c., Schreiber, Techniker, Helfer der Winzer, Redakteur. * 28.12.1791 in Aldehoven, † 31.1.1863 in Trier. Va.: Martin Gall, Landwirt, Weinhändler und Gastwirt (* 1766); Mu.: Maria Moers (* um 1765). verh. 19.9.1816 mit Maria Anna Willewersch (1800−1874), keine Kinder.
Mit 14 Jahren besuchte G. in Aachen die Sekundärschule. Nach 2½ Jahren wurde er Schreiber bei einem Advokatenanwalt in Lüttich und danach ebenso in Köln. 1811 ist G. Untergerichtsschreiber in Kleve und zwei Jahre später in Düsseldorf. 1814 ist er bei verschiedenen Verw. in Kleve, Lüttich und Luxemburg tätig. 1815 kam er nach Trier, in die Stadt, die Ausgangspunkt seines Wirkens werden sollte. 1816 erhielt er eine Anstellung als Sekretär bei der neugebildeten Bezirksregierung. Die große Not der Winzer veranlasste ihn zu mancherlei Aktivitäten. So baute er 1817 die erste Gasbeleuchtung ein und betrieb nebenberuflich eine Ziegelei als gemeinnütziges Unternehmen. 1819 startete er seine abenteuerliche Auswanderung nach Amerika, wo er Siedlungsgemeinschaften aufbauen wollte. 1820 kehrte er aus Harrisburg zurück und verfasste ein zweibändiges Werk über seine Auswanderungserlebnisse, verbunden mit einer kritischen Betrachtung der Verhältnisse in Nordamerika. Im Kelterhaus seines Schwiegervaters befasste er sich erstmals mit der geschlossenen Gärung. Als er 1826 beruflich nach Koblenz ging, war es seine Aufgabe, die Ablösung der Abgabepflichtigkeit der Winzer zu vollziehen. Dabei lernte er die Not der Winzer kennen. In der Weinverbesserung sah er eine Hilfe für die notleidenden Winzer. Den ersten Versuchen 1829 mit der Nassverbesserung folgte 1831 ein Großversuch mit dem Zehnt der Ernte in Leutesdorf. Andere Erfindungen, so die Entwicklung eines Dampfdestillierapparates, brachten ihm großes Ansehen ein. 1836 verlieh ihm die Universität Lüttich Titel eines Doctors philosophiae honoris causa. Schließlich führten ihn seine Erfindungen nach Ungarn, wo er eine landw. Lehr- und Versuchsanstalt errichtete und viele Weinbrennereien, Bierbrauereien sowie eine Stärkezuckerfabrik leitete. Als er nach erfolgreicher Tätigkeit Ungarn im Jahre 1849 verlassen musste, kehrte er wieder nach Trier zurück. Die Ursachen für die schlechte Absatzlage beim Moselwein und die Not der Winzer sah Gall bei der Weinlese und Weinbereitung. Den Schwierigkeiten in ungünstigen Jahren versuchte er mit der Nasszuckerung zu begegnen. Er führte den Beweis, dass so ein trinkbarer Wein gewonnen werden kann. 1853 veröffentlichte er seine Methode. In zahlreichen Veröffentlichungen verteidigte er sie und wehrte sich gegen viele Angriffe. Verhaftung und Verurteilung blieben ihm nicht erspart. 1857 gelang ihm die Gründung einer allgemeinen Wochenzeitung, des "Allgemeinen Deutschen Telegraph", die den Gründer überlebte. 1861 sprach sich das Badische Hofgericht zu Gunsten der Gallschen Methode aus, eine späte Anerkennung, die dem Moselweinbau zugute kam. Auf seinen Grabstein ließ seine Frau, die ihm immer treu zur Seite stand, schreiben: "In der Zeit ein Streiter voll Feuereifer für das Wohl der Menschheit, für Wahrheit und Wissenschaft, ein Erfinder, der Tausende bereichert hat und arm gestorben ist."
Veröffentlichungen: Praktische Anleitung, sehr gute Mittelweine selbst aus unreifen Trauben und vortrefflichen Nachwein aus den Trestern zu erzeugen, als Mittel, durch Vor- und Auslesen und Sortieren alljährlich auch wertvolle Desertweine zu gewinnen. Verlag von F. A. Gall, Trier 1854, 304 S. und viele andere.
Literatur: Heinz Monz: Ludwig Gall über Leben und Werk. NCO. Verlag Neu & Co, Trier 1979, 266 S. − Dr. Dr. Heinz Monz: Ludwig Gall − Retter der Moselwinzer oder ein Weinfälscher?, Schriftenreihe zur Weingeschichte Nr. 57, 1981.
Autor: Cl.