Nießen, Franz Ludwig (1780 – 1860)
Franz Ludwig NIESSEN – Kaufmann und Weingutsbesitzer
* 28. Februar 1780 in Mülheim/Mosel, † 9. Juni 1860 in Mülheim/ Mosel
Vater: Peter Christian Nießen, ⚭ Susanna Maria Vogt
In Mülheim/Mosel existierte die Firma Peter Christian Nießen und Sohn, gegründet von Hans Adam Nießen (1643-1713), bereits seit 1680. Sie gehörte zu den typischen Handelshäusern jener Zeit, bei denen der Kolonialwarenhandel vorherrschte und Weinbau sowie Weinhandel dazu gehörten. Seit dem frühen 19. Jahrhundert war ein Nießen – Zweig (C.W. Nießen) auch in Trarbach präsent und baute dort ein Weingut auf. Franz Ludwig Nießen, der Urenkel des Firmengründers übernahm 1798 in jungen Jahren nach dem Tod seines Vaters Peter Christian die Leitung des Handelshauses, das mit Firmen seiner Geschwister in verschiedenen deutschen Städten ein Handelsimperium bildete.
Weit über seine Heimat hinaus wurde er durch ein denkwürdiges Zusammentreffen mit Kaiser Napoleon bekannt, der im November 1813 nach der Niederlage in der Völkerschlacht von Leipzig mit seinen Truppen auf dem Rückzug in Richtung Frankreich in Mülheim die Mosel überqueren wollte. Als ein französischer Soldat, der sich mit der Frau eines Mülheimer Winzers vergnügen wollte, von deren Ehemann erschlagen wurde, verlangte Napoleon die Auslieferung des Täters, andernfalls würde er Mülheim niederbrennen lassen. Da die Suche erfolglos blieb, bot Nießen dem Kaiser aus seinem Privatvermögen 3000 Taler als Sühnezahlung an. So wurde Mülheim verschont!
Aus Dankbarkeit schenkte die Gemeinde ihrem großzügigen Bürger einen Lohheckenhang, auf dem er nach den napoleonischen Kriegen einen Weinberg anlegte und nach der damals allseits verehrten, früh verstorbenen preußischen Königin Louise „Louisen‘s Weinberg“ nannte. Als deren Sohn, der preußische König Friedrich Wilhelm IV mit seiner Frau, einer Prinzessin Elisabeth aus dem Hause Wittelsbach, im Jahre 1840 die Mosel erkundete und auch bei Franz Ludwig Niessen Station machte, änderte dieser aus Respekt gegenüber der neuen Königin den Weinbergsnamen in „Elisenberg“. So wird die Lage bis heute Weinlagenkataster geführt.
Franz Ludwig Nießen hatte zahlreiche Ehrenämter, war amtlich bestellter Pfleger und Beigeordneter der Gemeinde sowohl in französischer als auch in preußischer Zeit. Er engagierte sich in vielen Fällen als Wohltäter der Gemeinde Mülheim und der Grafschaft Veldenz. Unter anderem förderte er die Ausbildung begabter Jungen und Mädchen. Nach dem Tod von Franz Ludwig Nießen liquidierten im Jahre 1863 die beiden Schwiegersöhne Friedrich Bernhard Moog und Ferdinand Richter das Unternehmen. Die Firma F.B. Moog Wwe. war bis zu ihrer Liquidation im Jahre 1911 die bedeutendste Weinkellerei im Kreis Bernkastel–Kues. Im Jahre 1881 teilte sich die Firma Ferdinand Richter in das heute noch bestehende Weingut Max Ferdinand Richter sowie die Firma Richter & Co, später Richtershof, vorm. Artur Richter. Letztere ging im Jahre 2001 in das Weinromantikhotel Richtershof über. Das Hotel gehört heute der Kölner Libertas - Gruppe. Das Weingut Max Ferd. Richter wird von Franz Ludwig Nießen’s Nachfahren in 5. und 6. Generation geführt.
Quellen:
Monz, Heinz: „Trierer Biographisches Lexikon“, Wissenschaftlicher Verlag, Trier (2000)
Persönliche Mitteilungen von Dr. Dirk Richter (2021)
Rheinland-Pfälzische Bibliographie, https://rpb.lbz-rlp.de/cgi-bin/wwwalleg/maske.pl?db=rpb (2021)
Sartor, Wolfgang: „Die Geschichte des Moselweinhandels von 1700 - 1918“, Trier (2018)
Autor:
Dr. Rudolf Nickenig, Remagen
Abbildungen:
Portrait Franz Ludwig Nießen, Dr. Dirk Richter, Mülheim
Franz Ludwig Nießen und Napoleon I. bei Mühlheim im Jahr 1813, Dr. Dirk Richter, Mülheim