Kölner Weinhändlerinnen im Spätmittelalter

Die Gesellschaft für Geschichte des Weines digitalisiert derzeit sämtliche Ausgaben ihrer Schriftenreihe, um diese künftig einem größeren Personenkreis hier auf der Internetseite zugänglich zu machen. Wir nehmen dies zum Anlass, in unregelmäßigen Abständen bemerkenswerte Aspekte der Weingeschichte aus unseren Publikationen aufzugreifen. Heute erinnern wir, passend zum Weltfrauentag, an Kölner Weinhändlerinnen im Spätmittelalter als erfolgreiche Unternehmerinnen – ein spannendes Thema in Sachen Frauen und Wein!

Frauen und Wein in der Geschichte
Erfolgreiche Frauen in der Weinbranche sind heute eine Selbstverständlichkeit: Als Winzerin, als Sommelière, als Önologin, als Wissenschaftlerin, als Weinjournalistin oder als Marketingexpertin, und nicht zuletzt als Konsumentin, denn Frauen sind beim Wein Kaufentscheider Nummer eins. Und früher? Frauen spielten bis zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Weinbranche eine untergeordnete Rolle. Sie traten, das suggeriert die einschlägige Literatur, allenfalls als Weinbergarbeiterinnen hervor, denen bestimmte Arbeiten im Weinberg vorbehalten waren, weil man sie für geschickt hielt. Aber selbständige Weinunternehmerinnen? Die Champagner-Witwen, allen voran Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin, sind hinlänglich bekannt. Und darüber hinaus? Ja, es gab sie, die Unternehmerinnen der Weinbranche, und wir möchten heute an die cleveren Kölner Weinhändlerinnen des Spätmittelalters erinnern, mit denen sich Karlheinz Ossendorf in seiner Schrift Sancta Colonia als Weinhaus der Hanse (Schriften zur Weingeschichte 118) 1996 beschäftigte.

Kölnerinnen im Spätmittelalter: Erfolgreiche Weinhändlerinnen mit Weitblick
Frauen in Köln besaßen im Spätmittelalter eine ungewöhnlich hohe Rechtsfähigkeit. Sie konnten in Zünften zu Meisterehren aufsteigen und ihre Geschäftstätigkeit entfalten, dabei blieb ihnen kaum ein Wirtschaftsbereich verschlossen. Frauen aus wohlhabenden Familien waren oft vollberuflich tätig und sicherten durch ihre Mitarbeit den hohen Lebensstandard der Familie. Zu den bevorzugten Handelszweigen, in denen Frauen besonders gut von Köln aus arbeiten konnten, gehörte der Weinhandel. Die Kölner Frauen entwickelten eine beachtliche Verkostungskompetenz und verfügten über viel Verhandlungsgeschick. Sie wandten sich vor allem dem Kommissionshandel zu, waren aber auch im Fernhandel tätig. Auf den von Kölnern befahrenen Strecken, insbesondere zu den bekannten Messeorten und Märkten Frankfurt und Antwerpen sowie entlang des Rheins in die Niederlande, nach Flandern und Brabant, waren Kölnerinnen oft unterwegs, so wie sie auch in den Erzeugergebieten als Einkäuferinnen anzutreffen waren.
Ende des 14. Jahrhunderts waren von 645 Weinimporteuren in Köln 104 Frauen, also rund 16 Prozent, in den folgenden Jahren betrug der Frauenanteil 22 Prozent. Grietgen van der Burg war 1513/1514 mit durchschnittlich 680 Fudern jährlich die Spitzenimporteurin für Wein und lag damit weit vor den männlichen Kollegen.

Dabei agierten die Kölner Weinhändlerinnen nicht nur als Kompagnons ihrer handelnden Männer oder als ihre Sachverwalter nach deren Tod, sondern auch unabhängig als selbständige erfolgreiche Unternehmerinnen.

Die ausführliche Geschichte der Kölner Weinhändlerinnen können Sie in der Schrift Sancta Colonia als Weinhaus der Hanse hier lesen (siehe insbesondere S. 35–42).

Die Ausführungen von Karlheinz Ossendorf, langjähriger Stadtarchivar von Sankt Augustin, beruhen auf den Forschungen von Margret Wensky, angeregt von Edith Ennen. Margret Wensky ist Historikerin und leitete die Abteilung Stadtgeschichte im Amt für rheinische Landeskunde des Landschaftsverbands Rheinland. Edith En­nen war mit weg­wei­sen­den For­schun­gen zur eu­ro­päi­schen Stadt­ge­schich­te des Mit­tel­al­ters und der Früh­en Neuzeit her­vor­ge­tre­ten. Wei­te­re Schwer­punk­te ih­rer For­scher­tä­tig­keit wa­ren die Ge­schich­te der Frau­en im Mit­tel­al­ter und die rhei­ni­sche Lan­des­ge­schich­te vom Mit­tel­al­ter bis zum 19. Jahr­hun­dert. 1968 wurde sie als erste Frau auf einen Lehrstuhl der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn berufen und übernahm dort die Leitung des Instituts für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande.

Literatur:
Wensky, Margret: Die Stellung der Frau in der stadtkölnischen Wirtschaft im Spätmittelalter (Quellen und Darstellungen zur Hansischen Geschichte N.F. 26), Köln 1980, (zgl. Bonn, Univ., Philos. Fak., Diss., 1977/78).
Herborn, Wolfgang; Militzer, Klaus: Der Kölner Weinhandel. Seine sozialen und politischen Auswirkungen im ausgehenden 14. Jahrhundert (Vorträge und Forschungen, Sonderband 25), hg. vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte, Sigmaringen 1980.
Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter, München 1984.

Christine Krämer, Stuttgart

 

Die große Ansicht von Köln von Anton Woensam (ca. 1492–1541), Holzschnitt von 1531 

Abbildungsnachweis Titelbild:
Crispijn van de Passe, Les abus du mariage, um 1640.
Rijksmuseum Amsterdam, Objektnummer BI-1946-661-43, http://hdl.handle.net/10934/RM0001.COLLECT.584631

 

 

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