Fresenius, Carl Remigius (1818-1897)

Carl Remigius FRESENIUS – Chemiker 

 

* 28. Dezember 1818 in Frankfurt am Main 
† 10. Juni 1897 in Wiesbaden
Vater: Jakob Heinrich Samuel Fresenius 
Mutter: Marie Veronika geb. Finger
1845 mit Charlotte geb. Rumpf (1819-1873), 3 Söhne und vier Töchter, darunter Heinrich und Theodor Wilhelm
1874 mit Auguste geb. Fritze (1834-1920)
 

Carl Remigius Fresenius (hier kurz: CRF) studierte in Bonn und wurde dann Assistent bei Justus Liebig in Gießen, wo er promovierte und 1844 habilitierte. Sein Lehrbuch zur Qualitativen Analyse („was ist drin?“) erfuhr seit 1841 sechzehn jeweils aktualisierte und erweiterte Neuauflagen. Zusammen mit dem sieben Mal aufgelegten Werk zur Quantitativen Analyse („wieviel ist drin?“) und der 1861 begründeten Fresenius‘ Zeitschrift für Analytische Chemie war vor allem diese wissenschaftspublizistische Tätigkeit die Grundlage für seinen Weltruf als ein „Vater der Analytischen Chemie“. Nach kurzer Tätigkeit am Landwirtschaftlichen Institut des Herzogtums Nassau in Wiesbaden gründete er dort 1845 sein eigenes Chemisches Laboratorium.

Schon in seiner Gießener Zeit befasste sich CRF auch mit Inhaltsstoffen von Trauben. Er gründete 1868 eine agrikulturchemisch-önologische Versuchsanstalt in seinem Laboratorium. Als 1872 die Königlich-Preußische Lehr- und Versuchsanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau in Geisenheim (heute: Hochschule Geisenheim University) gegründet wurde, war sein Mitarbeiter und Weinchemiker Carl Neubauer deren erster Dozent für Chemie und Physik.

Die weinbezogenen Arbeiten aus dem Fresenius’schen Labor umfassen Most- und Weinanalytik, Bodenanalytik, Düngung, Vinifikation samt Gärung und weinrechtliche Fragen. Einen nicht geringen Umfang haben solche Arbeiten, die Weinfälschungen und unerlaubten Zusätzen analytisch nachspüren. Wie auf anderen Gebieten der Analytik hat CRF auch bei der Wein- und Düngeranalytik immer wieder methodenkritisch gearbeitet, also die Zuverlässigkeit analytischer Messungen an realen Proben überprüft. Auf dieser Basis untersuchte er bereits 1846 „vorzügliche Weine“ aus dem Rheingau und äußerte sich zu Nachgärungserscheinungen. In seinem Labor und unter seiner leitenden Mitwirkung entstanden bis 1898 zehn Folgen einer Serie „Deutsche Weinstatistik“, in denen Messungen wesentlicher analytischer Kennzahlen eines breiten Spektrums von Originalproben deutscher Weine und Moste publiziert wurden. Die Ergebnisse sollten im Rahmen der Diskussion um Qualität und Authentizität deutscher Weine sichere praktisch-wissenschaftliche Grundlagen liefern. In diesem Zusammenhang forderten die Autoren 1891 ein einheitliches Weingesetz und kurz darauf standardisierte, dem methodischen Fortschritt laufend anzupassende Analysenverfahren. Als frühen Beitrag hierzu kann der Abschnitt über Wein von der Lese bis zur Kellerabeit und zu Weinfälschungen betrachtet werden, der in CRFs 1847 erschienenem Lehrbuch „für Landwirthe, Forstmänner und Cameralisten“ enthalten ist. Während er darin die Trockenzuckerung als „rationelles“ Verfahren anspricht, lehnt er das Aufspriten ab. 

Dass CRF insbesondere auf dem Gebiet der Mineralwasseranalytik lebenslang wegbereitend, Maßstäbe setzend und etwa einhundert Quellen zum Teil mehrfach analysierend tätig war, soll auch hier nicht unerwähnt bleiben. Aus dem Fresenius’schen Labor gingen auch namhafte Weinanalytiker hervor.

Das Erbe dieses verdienten Chemikers lebt fort im SGS Institut Fresenius (Hauptsitz Taunusstein, Weinlabor in Freiburg) und der Hochschule Fresenius (Hauptsitz Idstein, 9 Standorte in Deutschland mit insgesamt 17000 Studierenden). Seine Zeitschrift erscheint in ununterbrochener Folge als Analytical and Bioanalytical Chemistry – eine angesehene Fachzeitschrift, die bis auf den heutigen Tag immer wieder aktuelle Arbeiten zur Weinanalytik enthält.

 

Ehrungen:

Ehrenbürger der Stadt Wiesbaden

Ehrenmitglied der Gesellschaft Deutscher Chemiker

Zu Ehren von und zum Andenken an CRF verleiht die Gesellschaft Deutscher Chemiker jährlich den Fresenius-Preis, die amerikanische Phi Lambda Upsilon-Gesellschaft den National Fresenius Award

CRF ist einer von hundert Chemikern, die von der European Chemical Society EuChemS in die Liste Distinguished Chemists aufgenommen wurde.

2013 wurde seine Wirkungsstätte in der Kapellenstraße in Wiesbaden mit der Plakette „Historische Stätte der Chemie“ der Gesellschaft Deutscher Chemiker ausgezeichnet. Eine Kopie der Plakette findet sich in der Nachfolge-Institution Hochschule Fresenius in Idstein.

 

Veröffentlichungen:

Fresenius und Mitarbeiter seines Laboratoriums veröffentlichten allein bis kurz nach CRFs Tod fast 90 weinbezogene Publikationen, die in Lit. 4, S. 132-136 erfasst sind. Eine ausführliche Würdigung und systematische Erschließung dieser Arbeiten findet sich auf S. 53-101. Zu den Persönlichkeiten der Weinkultur aus seinem Labor zählen neben den beiden Söhnen (s.o.) auch Carl Neubauer und Eugen Borgmann sowie Leo Grünhut.

 

Quellen:

  • Susanne Poth, Carl Remigius Fresenius (1818-1897). Wegbereiter der analytischen Chemie. Heidelberger Schriften zur Pharmazie- und Naturwissenschaftsgeschichte. Stuttgart 2007. 
  • Walter Czysz, 140 Jahre Chemisches Laboratorium Fresenius Wiesbaden. 1. Teil: 1848-1945. Jb. Nass. Ver. Naturk. 110, 35-110 (1988)
  • Leo Gros, Mit fünf Studenten fing er an. Carl Remigius Fresenius – Vater der analytischen Chemie. Katalog zur Ausstellung C.R. Fresenius. Hrsg. vom Museum Wiesbaden und der Hochschule Fresenius. 2018. ISBN 978-3-89258-120-8
  • Leo Gros, Carl Remigius Fresenius (1818-1897) und sein Laboratorium. Beiträge zur Weinanalytik, Önologie und Agrikulturchemie im 19. Jahrhundert. Hrsg.: Gesellschaft für Geschichte des Weines, Schriften zur Weingeschichte 195 – und Jb. Nassauischer Verein für Naturkunde 19, Sonderband 5, Wiesbaden 2018. 

 

Autor:

Prof. Dr. Leo Gros, Geisenheim-Johannisberg

 

Abbildung: Archiv Hochschule Fresenius