2020: Nickenig, Rudolf: Wein ist Kult
Nickenig, Rudolf:
Wein ist Kult
Herausgeber: Deutsche Weinakademie, Bodenheim
Verlag Nünnerich-Asmus, Oppenheim 2020
184 Seiten.
ISBN 978-3-96176-113-5. 25 Euro
Die im Buch thematisierte gesellschaftspolitische Auseinandersetzung mit dem Thema „Kultstatus des Weines“ spannt einen weiten Bogen von der Betrachtung historischer Entwicklungen hin zu aktuellen wissenschaftlichen Bewertungen.
Zwischen den Polen des Agierens „alkoholkritischer Nichtregierungsorganisationen und für Alkoholprävention eintretender Wirtschaftsorganisationen“ eine Position zu finden, die als angemessen toleriert werden kann und zugleich die Freude am moderaten Weingenuss nicht verbaut, das ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Dem Wein im Dreieck „Heil-, Rausch- und Genussmittel“ den zutreffenden Platz zuzuweisen, ohne dabei einen der Eckpunkte überzubewerten, dem stellt sich Rudolf Nickenig passioniert und gewohnt souverän, basierend auf gründlicher Analyse und ausgewogener Berücksichtigung zahlreicher Quellen. Dabei kommt viel bislang Unbekanntes in den Fokus und dem Bekannten gibt der Autor häufig eine Wertung mit, die es relativiert oder verstärkt. Natürlich kommt ihm seine jahrzehntelange Beschäftigung mit der Materie zugute. Er meistert den Parcours mit Witz und gelegentlicher Ironie und bleibt dabei argumentativ bei einer Linie, die dem Leser keine absolute, dominierende Sicht aufzwingt, sondern vieles für eigene Interpretation und Bewertungen bereithält. Die Veröffentlichung wird wissenschaftlich getragen von Statements von Mitgliedern des wissenschaftlichen Beirates der Deutschen Weinakademie (DWA) nämlich den Professores Flech, Rett und Worm ebenso wie von deren Wissenschaftlichen Leiterin Claudia Stein-Hammer. Auch neue und in Teilen überraschende Erkenntnisse aus einer Geisenheimer Kundenanalyse machen dieses von der DWA herausgegebene Buch aktuell und spannend.
Die Kapitel widmen sich den Themenbereichen Wein und Jugend, Frauen, Schwangerschaft, SeniorInnen, Speise, Verkehr, Sport, Arbeit und Tages- und Jahreszeiten. Der Autor bewertet, hinterfragt und versachlicht auf überzeugende und subtile Weise ohne der Gefahr zu unterliegen, einseitig Stellung zu beziehen. Aber natürlich ist er passioniert und den besonderen Wirkungen des Getränkes, das hier im Mittelpunkt steht, offen gegenüber. Das Buch bietet keine Grundlage für miesepetrige und extreme Positionen, sondern bereitet den Nährboden für „Wein in Moderation“, also verantwortungsbewusstem Genießen. Es ist ansprechend gestaltet und man nimmt es schon dank der zahlreichen Illustrationen und themenbezogenen Darstellungen gerne in die Hand.
Verfasser: Peter Fuchß
Aus: Mitteilung der GGW 2/2020