Nachruf zum Tod von Dr. Reinhold Baumann
Nachruf zum Tod von Dr. Reinhold Baumann
28. September1925 – 29. Dezember 2022
Ehrenmitglied der Gesellschaft
Am 29. Dezember 2022 verstarb Dr. Reinhold Baumann im Alter von 97 Jahren. Er war ein Urgestein der deutschen Weinbranche, ein Grandseigneur mit Ecken und Kanten. Mit seinen außerordentlichen Fachkenntnissen als Volkswirt, Weinkaufmann und engagierter Wengerter hatte er sich in der Branche höchste Anerkennung und Wertschätzung erworben. Dies galt nicht nur für seinen engeren, schwäbischen Wirkungskreis, sondern ebenso für seine vielfältigen Aufgaben in nationalen und internationalen Fachgremien der Weinbranche. Dr. Baumann war von 1968 bis 1988 Mitglied im Aufsichtsrat des Deutschen Weininstituts (DWI) und im Verwaltungsrat des Stabilisierungsfonds für Wein und übernahm 1970 als Nachfolger von Staatsminister Oskar Stübinger den Vorsitz des DWI-Aufsichtsrats. Als langjähriger Vorsitzender des Verbandes Württembergischer Weinkellereien hatte er auch auf nationaler Ebene Führungsaufgaben übernommen, die allerdings nach vielen erfolgreichen Jahren gegen Ende von großen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedsorganisationen geprägt waren.
Von 1978 bis1987 war er Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates und von 1988 bis1990 Mitglied des Vorstands der Gesellschaft für Geschichte des Weines. Seine Leitlinie in all diesen Funktionen war, die Interessen der Weinwirtschaft an den Bedürfnissen und Wünschen der Weinliebhaber auszurichten. Er gab vielfältige Impulse zur Weiterentwicklung der Verbraucheraufklärung, insbesondere in den Bereichen der professionellen Schulung und der allgemeinen Fortbildung, beispielsweise an Volkshochschulen. Die Verzahnung der Verbraucherinformation mit der vielfältigen deutschen Weinkultur war sein zentrales Anliegen.
Dr. Baumann war ein Fachmann, der die klare Sprache liebte, vor allem die schwäbische. Er war eine starke Persönlichkeit im privaten und beruflichen Leben. Halbe Sachen gab es für ihn nicht. Was er anpackte, hatte Hand und Fuß. Seine Schaffenskraft und seine Selbstdisziplin suchten ihresgleichen. Er war ein Visionär, ein Optimist, ein unermüdlicher Schaffer, ein Fels in der Brandung. Seine konsequente Qualitätsorientierung fand bei Landes- und Bundesweinprämierungen höchste Anerkennung. Auch wenn er die schwäbische Sparsamkeit gerne als Lebensphilosophie apostrophierte, so war er doch ein großzügiger Gastgeber, wie auch die Teilnehmer der Jahrestagung der Gesellschaft für Geschichte des Weins 1987 bei der Exkursion zu seinem Weingut Schloss Affaltrach erleben durften. Die gesamte Weinbranche, auch die Gesellschaft für Geschichte des Weines, sind dieser herausragenden Persönlichkeit zu großem Dank verpflichtet. Im Jahr 2000 ernannte ihn die Gesellschaft zu ihrem Ehrenmitglied. Sie wird ihm auch in Zukunft in Ehren und Anerkennung gedenken.
Rudolf Nickenig, Remagen