Ganzhorn, Wilhelm (1818-1880)

Wilhelm Ganzhorn – Oberamtsrichter, Dichter, Altertumsforscher, Weinliebhaber 

* 14. Januar 1818 in Böblingen;
† 9. September 1880 in Cannstatt;
Vater: Johann Georg G. (1775-1841), Schlossinspektor und Kameralkastenknecht in Böblingen
Mutter: Catharina Margaretha geb. Maisch
5 Halbgeschwister
⚭ 1855 Luise Alber aus Conweiler bei Neuenbürg
10 Kinder, 6 erreichten das Erwachsenenalter

 

Ganzhorn wuchs in Böblingen und Sindelfingen auf und besuchte das Gymnasium in Stuttgart. 1837 bis 1841 Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen und Heidelberg, anschließend Justizreferendar in Esslingen und Stuttgart. Die berufliche Laufbahn begann er am Oberamtsgericht in Backnang. 1844 bis 1854 zweiter Richter am Oberamtsgericht Neuenbürg. Politisch engagierte sich G. im Vormärz und während der Revolution 1848/49 für die liberalen Ideen. Oberamtsrichter von 1854 bis 1860 in Aalen, von 1860 bis 1878 in Neckarsulm, anschließend bis zu seinem frühen Tod 1880 in Cannstatt. G. gehörte dem Umfeld der schwäbischen Romantik an und verfasste im Laufe seines Lebens mehr als 700 Gedichte. Vielen ist G. als Dichter des Liedes Im schönsten Wiesengrunde bekannt.

Mit zahlreichen Untersuchungen und Veröffentlichungen erwarb sich G. außerdem hohes Ansehen als Altertumsforscher. Von 1862 bis 1878 bekleidete er leitende Funktionen im Hist. Verein für das württ. Franken. Zu seinen engsten Freunden gehörten Ferdinand Freiligrath (1810-1876), Viktor von Scheffel (1826-1886), Theobald Kerner (1817-1907), Friedrich Wilhelm Hackländer (1816-1877), der Eisenbahningenieur Georg von Morlok (1815-1896) und der Arzt Robert Mayer (1814-1878). G. war außerordentlich gesellig und kontaktfreudig. Jedes Jahr unternahm er im Sommer allein ausgedehnte Reisen in ganz Europa, auf denen er zahlreiche Bekanntschaften in literarischen und wissenschaftlichen Kreisen schloss. G. war ein begeisterter Weinliebhaber. Im Garten des Neckarsulmer Oberamtsgerichts und in einem gepachteten Weinberg baute er selbst Wein an. Er war Mitglied der Gesellschaft für Weinverbesserung und beteiligte sich 1873 erfolgreich mit mehreren Weinen an der Weltausstellung in Wien. Vor allem aber verstand er es, Freude am Wein zu vermitteln und zu teilen. Er brachte viele Persönlichkeiten seiner Zeit zusammen, wobei der Wein als verbindendes Element diente. Im Freundeskreis hatte er den Namen Der trinkbare Mann. Als besonderen Kellerschatz pflegte er ein Fass aus dem 1811er Kometenjahrgang, der freilich regelmäßig durch vorzügliche neuere Jahrgänge aufgefrischt wurde. G. bezog regelmäßig Weine von den besten Erzeugern, die er im Keller des Oberamtsgerichts ausbaute. Dorthin lud er Dichterfreunde und Honoratioren ein, um die Weinkultur zu zelebrieren, mit Gesang, Gedichten, Kellerumzügen und schauspielerischen Einlagen. Weingenuss war für ihn Anregung, bereicherte das Lebensgefühl und steigerte die geistige Empfänglichkeit. Sein Musenkeller übte überregional eine starke Anziehungskraft aus. 1870 war der berühmte Afrikaforscher Gerhard Rohlfs (1831-1896) zu Gast. Daraufhin begründete G. im Neckarsulmer Oberamtsgerichtskeller die Aufweichungsanstalt für Afrikareisende, um ausgetrocknete Forscher nach heißer Wüstenfahrt zu akklimatisieren. Neben Rohlfs ließen sich dort auch Karl Mauch (1837-1875) und Gustav Nachtigal (1834-1885) behandeln – vorzugsweise mit Kometenwein. G. war von der wohltuenden Wirkung des Weins auf Geist und Gesundheit zutiefst überzeugt. War einer seiner Freunde erkrankt, übersandte er zur Genesung einige Flaschen. Dem schwerkranken Freiligrath empfahl er alle Stund 50 Esslöffel voll – nicht zum Einreiben; Scheffel verordnete er, den Wein innerlich zu gebrauchen und alle Stund 100 Esslöffel voll. Als 1873 in Heilbronn die Cholera ausbrach, stellte G. Batterien von Geschützen mit rothem Wein auf.

 

Ehrungen:

Ganzhornfest jährlich im Herbst in Neckarsulm

Wilhelm-Ganzhorn-Brunnen in Conweiler

Wilhelm-Ganzhorn-Schulen in Straubenhardt

In Cannstatt, Neckarsulm, Aalen und Neuenbürg Gedenktafeln

In Cannstatt und Neckarsulm wurden Straßen nach G. benannt.

 

Quellen:

Jürg Arnold: Wilhelm Ganzhorn (1818-1880). Richter – Dichter – Altertumsforscher, Schwäbisch Gmünd 2018.

Jürg Arnold: Wilhelm Ganzhorn. Dichter des Liedes "Im schönsten Wiesengrunde", Ostfildern 2004 (Eine Liste aller Veröffentlichungen Ganzhorns hier auf S. 346-351)

 

Autor:

Dr. Christine Krämer

 

Abbildungsnachweis:

Jürg Arnold: Wilhelm Ganzhorn (1818-1880), Richter - Dichter - Altertumsforscher. Schwäbisch Gmünd 2018, ISBN 978-3-95747-068-3, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=64970249

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