2019: Matheus: Weinkultur und Weingeschichte an Rhein, Nahe und Mosel

Michael Matheus :
Weinkultur und Weingeschichte an Rhein, Nahe und Mosel (Mainzer Vorträge Band 22)

Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2019. 
184 Seiten.
ISBN 978-3-515-12386-0. EUR 42,-

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe des Instituts für Geschichtliche Landeskunde der Universität Mainz im Jahre 2016 gerieten ganz unterschiedliche Aspekte der Weingeschichte in den Blick, die im vorliegenden Band dokumentiert sind. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Arbeiten und Forschungsergebnisse der letzten vier Dekaden, die an den Universitäten in Mainz und Trier zu Tage gefördert wurden.

Weinbau zur Römerzeit an Rhein und Mosel wurde in der Vergangenheit schon immer angenommen, doch erst die Entdeckung der römischen Kelteranlagen seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts brachte Gewissheit. Margarethe König stellt die zwölf bisher an der Mosel und eine in der Pfalz entdeckten vor.

Michael Matheus richtet den Blick vor allem auf das größte deutsche Anbaugebiet Rheinhessen. Auch hier wird die Produktion von Wein in römischer Zeit nach jetzigem Kenntnisstand als sehr wahrscheinlich angenommen. Doch noch fehlen eindeutige Beweise in Form von Keltern, wie sie für die Mosel und die Pfalz vorliegen. Ausführlich erläutert er, untermauert durch Fakten, dass solche mit größter Wahrscheinlichkeit im Raum Dienheim/Oppenheim zu finden sein müssten.

Andreas Lehnhardt arbeitet in seinem Beitrag die große Bedeutung des Weines für das Judentum heraus. Anhand einiger Quellen und Überlieferungen aus den drei großen jüdischen Gemeinden Speyer, Worms und Mainz beschreibt er die Veränderungen im Umgang von Juden mit Wein und Weinhandel im Mittelalter. Dabei liefert er auch den Beweis dafür, dass Juden exzellente Weinkenner waren und dies auch wirtschaftlich zu nutzen wussten.

Seit der Antike wurden Rhein und Mosel als Verkehrs- und Transportwege für Erzeugnisse jedweder Art genutzt; im Spätmittelalter bildete vor allem der Rhein die Hauptschlagader des mitteleuropäischen Handels. Michael Rothmann skizziert dies für das wohl wichtigste Handelsgut Wein für das Mittelrheingebiet. Auch am Beispiel des über weite Entfernungen hinweg gehandelten Elsässer Weins beschreibt er Absatzgebiete und Marktstrukturen bis hin zum Endverbraucher.

Rudolf Steffens zeigt in seinem Beitrag, dass die Winzersprache eine alte Tradition besitzt und teilweise bis in die Antike zurückreicht. Die im Kartenwerk „Wortatlas der kontinentalgermanischen Winzerterminologie“ von Wolfgang Kleiber in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts veröffentlichten Forschungen erfahren im von Steffens in 2006 herausgegebenen „Wörterbuch des Weinbaus“ eine Erweiterung. Hier wird die Fachterminologie nach spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Textquellen dargestellt.

Henning Türk beleuchtet in seinem Beitrag „Nationale Propaganda und Marketingcoup“ die Reichsausstellung Deutscher Wein in Koblenz im Jahre 1925 und zeigt vor allem die Intentionen auf, die mit der großen Schau verfolgt werden sollten. Die Winzer und ihre Verbände versuchten mit dieser Strategie, den großen wirtschaftlichen Problemen der Weinwirtschaft ein größeres Gehör zu verschaffen und damit einen Beitrag zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation zu leisten.

Die Ursachen der schwierigen wirtschaftlichen Situation des Weinbaus nach dem Ersten Weltkrieg beschreibt Christof Krieger in seinem Beitrag. Die Ertragsrückgänge infolge des Krieges und der mangelhaften Pflege der Weinberge wurden verstärkt durch neu auftretende Schädlinge und Krankheiten. Zusätzlich spitzte sich die Absatzkrise für deutschen Wein durch den Abschluss eines deutsch-spanischen Handelsvertrags zu, da infolgedessen preiswerte spanische Weinimporte den deutschen Markt überschwemmten. Der „Bernkasteler Finanzamtssturm“ vom 25. Februar 1926 war die Folge und zugleich Anlass für die Politik, einen „Reichsausschuss für Weinpropaganda“ ins Leben zu rufen. Die für eineinhalb Millionen Reichsmark (ca. 20 Mio Euro) durchgeführten Werbemaßnahmen verpufften jedoch innerhalb von drei Jahren. Obwohl von allen Litfaßsäulen, in Zeitungen und Werbematerial der Slogan „Trinkt deutschen Wein“ zu lesen war, ließ der Erfolg auf sich warten; eine erneute schwere Absatzkrise war vorprogrammiert.

Daniel Deckers zeigt anhand eines erstmals erschlossenen Briefwechsels, wie lange es dauerte, bis die Familien Gunderloch-Usinger und Zuckmayer Freunde wurden, nachdem diese sich im Lustspiel „Der fröhliche Weinberg“ von Zuckmayer in ihrer Ehre verletzt fühlten.

Der Beitrag von Pia Nordblom untersucht das Verhältnis von Weinbau und Nationalsozialismus in Rheinhessen in verschiedenster Hinsicht. Während sich die Winzer wirtschaftliche Hilfe und öffentliche Anerkennung erhofften, nutzte die nationalsozialistische Politik die Weinwirtschaft für propagandistische Zwecke und vordergründig für die Versorgung des Militärs.

Die letzte Abhandlung lenkt unter dem Titel „Information, Marketing, Kunst“ den Blick auf ein wichtiges Werbeinstrument, das Weinetikett. Martin Sachse-Weinert zeigt auf, welche Ansprüche das Weinetikett erfüllen muss: es muss die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben erfüllen, es soll die Kunden zum Kauf anregen und soll letztendlich die ästhetischen Vorstellungen des Winzers zum Ausdruck bringen.

Für alle, die die Vorträge nicht oder auch nur einen Teil besuchen konnten, bietet das Buch Gelegenheit, die römische Weinbaugeschichte, aber auch die des ausgehenden 20. und des 21. Jahrhunderts Revue passieren zu lassen. Für alle anderen ist die Lektüre aufgrund der darin dargestellten neuen Forschungsergebnisse und Zusammenhänge sehr empfehlenswert.

Verfasser: Gerhard Stumm

Aus: Mitteilung der GGW 3/2019

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