Paul-Georg Custodis:
Vom Backen, Brauen, Keltern und Gerben.
Zeugnisse der Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln sowie Bekleidung in Rheinland-Pfalz.

Vom Backen, Brauen, Keltern und Gerben

Nünnerich-Asmus Verlag & Media, Mainz 2017.
160 Seiten. ISBN 978-3-945751-82-4. EUR 29,90

Der Verfasser, Dr. Paul-Georg Custodis, hat als ehemaliger Mitarbeiter der Landesdenkmalpflege in Rheinland-Pfalz fundierte Einblicke in viele Wirtschaftsbereiche des Landes erhalten, die er hier weitergeben möchte. Insbesondere der ländliche Raum der letzten drei Jahrhunderte war einer seiner Arbeitsschwerpunkte; seine Faszination will er mit seinen Ausführungen und dem umfangreichen Bildmaterial auch beim Leser wecken.
Als Einführung beschreibt er die Struktur der über Generationen geprägten ländlichen Kulturlandschaften und macht Ausführungen zur Typologie ländlicher Gehöfte und ihrer zeitlichen Entwicklung.
Dabei greift er aus jeder Region, auch aus den Weinbaugebieten von Mosel, Rheinhessen und Pfalz, typische Gehöfte mit Erwähnung der Besonderheiten auf. Weit über diese Anbaugebiete ausstrahlende Einrichtungen mit Bedeutung für den deutschen Weinbau finden Erwähnung, wie z. B. der Geilweilerhof bei Siebeldingen in der Pfalz und das Rittergut Bangert in Bad Kreuznach, von 1950 bis 1975 Forschungsabteilung des Max Planck-Instituts für Landarbeit und Landtechnik.
Breiten Raum nimmt die Entwicklung einiger baulicher Sonderformen ein, wie etwa die von der großherzoglich-hessischen Verwaltung initiierten Gewölbeställe. Sie wurden ab dem 1. Drittel des 19. Jh. vor allem in Rheinhessen, nur wenige in der angrenzenden Pfalz, errichtet. Ziel war die Verringerung der Brandgefahr durch massive Bauweise, die die bisherige Fachwerkbauweise ersetzen sollte. 1830 ließ der Gutsbesitzer Georg Friedrich Best aus Osthofen den ersten Gewölbekuhstall in dreischiffiger Ausführung erbauen. Bis Ende des 19. Jahrhunderts wurden mehr als 200 solcher Gewölbeställe, im Volksmund auch "Kuhkapellen" genannt, erbaut. Mit der Umstrukturierung in der Landwirtschaft, dem beträchtlichen Rückgang der Milchviehhaltung und dem Ausbau des Weinbaus mit Direktvermarktung wurden mehrere Kuhkapellen in gemütliche und repräsentative Weinstuben umfunktioniert und dienen heute der Imageförderung für Weingut und Weinregion.
Ausführlich werden auch regionaltypische Wirtschaftsbereiche vorgestellt wie Tabakanbau und Bierherstellung, aber auch bereits ausgestorbene Handwerksbereiche wie Backhäuser, Schlachthöfe oder Markthallen, Herstellung von Leder und Textilien.
Den größten Raum nimmt – wie könnte es anders sein – der Weinbau ein. Nicht nur Anbau, Verarbeitung und Vertrieb werden ausführlich behandelt, sondern auch dessen Geschichte und das Auf und Ab im Laufe der Jahrhunderte. Besonderheiten der verschiedenen sechs Anbaugebiete werden dargestellt und in vielen Abbildungen festgehalten, wie die römische Kelteranlage in Piesport, die terrassierten Weinberge von Ahr und Mittelrhein, die Trulli in Rheinhessen, Weinbergshäuser und Kelleranlagen (Appollinariskeller in Remagen, Keller der Winzergenossenschaft Mayschoß, Weinhandlung Schwerbel in Winningen sowie die Sektkellereien Kupferberg in Mainz und Deinhard in Koblenz). Nicht fehlen darf ein Exkurs auf den mit Traben-Trarbach und Mosel assoziierten Jugendstil und Wein, Ausdruck auf den vor allem vom Weinbau herrührenden Wohlstand im 19. Jh.
Leider werden auffallend wenige Zeugen der weinbaulichen Vergangenheit aus der Pfalz vorgestellt.
Das reich bebilderte Buch gibt dem Leser nicht nur interessante Einblicke in unsere Vergangenheit, sondern ist mit seinem angehängten Register zugleich Nachschlagewerk und lädt ein, selbst die geschichtlichen Spuren zu ergründen.

Verfasser: Dr. Gerhard Stumm, Bad Kreuznach
Aus: Mitteilung der GGW 3/2017

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