2021: Werfring, Johann: Weinbräuche in Österreich

Werfring, Johann: Weinbräuche in Österreich. 312 S., Edition Lex Liszt 12, Oberwart, Österreich, 2021. ISBN 978-3-99016-178-4, 34 Euro

Der Historiker und Kolumnist Johann Werfring gibt uns in seinem hier vorgelegten, mit mehr als 300 Abbildungen reichlich bebilderten Werk, einen umfassenden Überblick über die Weinbräuche aller österreichischen Regionen in Vergangenheit und Gegenwart. Die akribisch durchgeführten Recherchen gehen jedem einzelnen Brauch auf den Grund und spiegeln sich in den Darstellungen wider. Bräuche sind für den Autor Ausdruck der Tradition und dienen dem inneren Zusammenhalt der dörflichen Gemeinschaft. Werfring sieht die Anfänge der Sitten und Bräuche in der Möglichkeit der Auflockerung des Arbeitsalltags, der meist von schwerer Arbeit und Entbehrungen geprägt war. „Bräuche fungierten gewissermaßen wie ein Ventil, das im mühseligen Arbeitsalltag wenigstens für kurze Zeit Erholung und Erleichterung verschaffte.“ In der einst agrarisch geprägten Gesellschaft Österreichs kam dem Weinbau eine besondere Stellung zu. Die unzähligen Bräuche rund um die Arbeit in Weinberg und Keller hat der Autor in 50 Kapiteln dargestellt. Allein im ersten Kapitel, das „Alte Arbeitsbräuche“ beschreibt, hat er unendlich viele Kleinrituale in den verschiedenen Weinbaugebieten beschrieben, angefangen vom „Auftakt und Ausklang von Arbeiten“, „Abwehr von bösen Mächten“, „Weingarten-Schabernack“, „Weingartengesänge und Liebesgaben“, „Einsaufen der jungen Reben“, „Rituale zum Lesebeginn“, „Weinlese als Volksfest“, „Rituelle Beendigung der Weinlese“ und „Feilschen und Weinverladen“, um nur einige Themenfelder zu nennen. Ein weiterer Schwerpunkt bilden die Bräuche um den „Weingartenhüter“, die bis ins Mittelalter zurückreichen. Für diese in der damaligen Zeit wichtige Funktion des Schutzes der heranreifenden Trauben gibt es eigene Hüterordnungen; für Krems an der Donau werden bereits für das Jahr 1340 Weingartenhüter bezeugt. Es waren nicht nur Kleiderordnung und Ausstattung des Hüters mit Weingartenschlüssel, Horn und „Hiatahackl“, dem Symbol der Wehrhaftigkeit des Weingartenhüters, sondern auch Vorgaben zu den Hiatahütten, dem Aufenthaltsort des Weingartenhüters während der gesamten Kampagne sowie Strafen für Traubendiebe und Hüterlohn festgelegt. Auch werden Sonderformen des Traubenschutzes vor Vogelfraß wie das Klapotezaufstellen in der Steiermark und die sich darum rankenden Bräuche beschrieben. Mehrere Kapitel behandeln die Bräuche um Erntedank, Weinlesefeste und Weinfeste, die von Region zu Region und oftmals auch von Weinbaugemeinde zu Weinbaugemeinde variieren. Auch religiöse Anlässe und Feste bilden Auslöser für die Entwicklung umfangreichen Brauchtums, das meist auch bis ins Mittelalter zurückreicht. Allein 11 Kapitel hat der Autor diesem Themenfeld gewidmet, angefangen von Bittgängen zur Bitte um eine gute Ernte, Wallfahrten und Fronleichnamprozessionen, Weinsegnungen anlässlich der Gedenktage des hl. Johannes, von Stephanus und Sebastian sowie Bräuche um den Weinheiligen Urban. Für alle, die sich dem Brauchtum verbunden fühlen, kann das Werk sehr empfohlen werden, zumal es sehr flüssig und verständlich geschrieben und reichlich mit Abbildungen hinterlegt ist.

Gerhard Stumm

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